Eine lange Zugreise
Eine lange Zugreise vor ein paar Tagen hat mir die wunderbare Begegnung mit Danilo geschenkt, einem starken Geist, dessen rechtes Bein aufgrund eines schweren Unfalls amputiert worden war.
“Das Seltsame”, erzählt mir Danilo, “ist, dass ich mein Bein immer noch spüre, weil ich seit über einem Jahr am Phantomschmerz-Syndrom leide. Es ist so nah und doch so fern und verursacht mir große Schmerzen.” Der Schmerz war kristallklar, sein Mund zitterte allein beim Sprechen darüber, und doch war sein gesamtes Wesen hell, weit und erfüllte das Feld mit Süße.
Er erzählt mir, wie müde er sich vor dem Unfall fühlte, wie sein Leben bereits voller Probleme war, wie er sich auf dem Weg verloren hatte, warum er an jenem Tag nicht vermeiden konnte, ins Auto zu steigen. Dann eine Pause, während er auf meine Antwort wartet.
“Ich habe das Gefühl, dass du weißt, dass es viel mehr gibt als das, viel mehr als nur einen Unfall, viel mehr als nur ein Phantomglied. Ich spüre, dass du traurig über deine Worte bist, aber im Herzen dankbar.”
“Das stimmt. Seitdem hat sich alles verändert, ich habe mich verändert.”
“Du weißt nicht, wie sehr ich dich verstehe, Danilo, ich habe auch lange unter deinem Syndrom gelitten und letztendlich leiden wir alle daran, ohne es zu wissen.”
Sein Ausdruck wird sofort ungläubig und er bittet mich um Erklärungen.
“Wir alle haben etwas verloren, das uns lieb war, etwas, das wir mit ganzem Herzen immer hier, immer in der Nähe fühlen, aber das wir nicht mehr sehen können. Wir leben jeden Tag mit dieser tiefen Melancholie, die unseren Atem begleitet.” Seine Augen leuchten auf: “Worum geht es dabei?”. “Ich weiß, dass du es auch weißt, dass du tief im Inneren seinen Duft, seine liebevolle Atmosphäre, seine Umarmung, sein Verständnis, seinen mitfühlenden Blick erinnerst: wir vermissen Zuhause, die Vision von Ihr und die Gesellschaft dieser Familie, die sie bewohnte.”
Er fragt mich: “Wann haben wir das alles vergessen?”. “Es spielt keine Rolle, das gesamte Universum arbeitet daran, uns daran zu erinnern.”
Eine lange, emotionale Stille hält uns eine Weile fest. Dann lächelt er und ruft aus: “Du hast recht, ich habe das Syndrom der Phantomschmerz-Familie!”.
Denn das, was wir ‘Zwischenfälle auf dem Weg’ nennen, ist oft ein Friedensangebot, das das Leben uns als Geschenk darbietet: Einwegtickets, um zu uns selbst zurückzukehren, um dorthin zurückzukehren, woher wir kommen.
Eine vertraute Umarmung.